Es gibt ein Thema, das hier noch viel zu wenig besprochen wurde, und das ist der Zusammenhang zwischen Bibliotheken und Science Fiction: Bibliotheken sind mit all ihren digitalen und papiernen Tentakeln ein geheimnisvoller Kosmos, der sich offenbar hervorragend als Setting für Science Fiction Filme eignet. Auch an unserer Universität wurden schon mehrere Filme gedreht, die in diese Sparte fallen – die Architektur moderner Bibliotheksbauten kommt dem sehr entgegen. Glücklicherweise wurde an unserem Campus dafür eine Spielwiese aus Sichtbeton und Glas geschaffen, die das Herz jedes SciFi Regisseurs höher schlagen lässt.
Orwellsche Bilderwelten
Die Trailer zu den Filmen finden sich übrigens ganz unten im Anschluss an diesen Text. Wer sie anschaut, wird feststellen dass hier an der Wirtschaftsuni eher das Abseitige inszeniert wird: In „Mindgamers“ treten menschliche Roboter gegeneinander zum Kampf an, in „Life Guidance“ überwacht und erzieht der Staat seine Bürger durch digitale Technologien, was insgesamt doch sehr an „Brave new world“ erinnert. Im Tatort „Schock“ geht es weniger metaphysisch zu, aber immerhin gibt es ein Netzwerk radikaler Aktivisten. Studenten zerbrechen hier an den perfektionistischen Erwartungen einer Leistungsgesellschaft, in Gestalt einer Professorin mit eher bizarrem Charakter (Mercedes Echerer). In „M – eine Stadt sucht einen Mörder“ ist der Name Programm, es gibt viel mystisches Schneegestöber und abgründige Dialoge.
Die Bibliothek an der Grenze zur Realität
Das gemeinsame Element in diesen Filmen ist ihr Bezug zur Realität, sie alle stellen die Frage nach einer scheinbaren „Norm“, der der Mensch entsprechen soll : Es geht um Leistungsdruck, soziale Kälte, Gedankenkontrolle und technische Perfektion. Die Protagonisten dieser Dystopien (Florian Teichtmeister, Fritz Karl, Lars Eidinger) sind denn auch eher in Grenzspektren der menschlichen Psyche angesiedelt: Es sind Paranoide, Getriebene, Systemerhalter, Narzissten und Karrieristen. Ob das nun so schmeichelhaft für den Bibliotheksbau ist, in dem wir arbeiten.. Nunja, das Normale sieht jedenfalls anders aus.
Der Bibliothekar als Revolutionär: Chronisten für das Unbegreifliche
Neben der Kulisse der Bibliothek eignet sich auch ihr Personal hervorragend um Zukunftsvisionen zu transportieren: Der Bibliothekar und die Bibliothekarin als solche sind glaubwürdige Protagonisten für das Andere, das Unbegreifliche: Unterwegs im Informationsdschungel hantieren sie mit ihren Barcodelesern, die aussehen wie Laserpistolen, tragen nerdige Brillen, manipulieren mit Daten herum, und wirken dabei selten so richtig bodenverhaftet, was uns grundsätzlich zugänglich für Suspense jeder Sorte macht.

-„Wahrscheinlich eine Art Tempel oder Kultstätte..hier haben sie wohl ihre Gottheiten verehrt..“.
Oben sieht man übrigens unser Library Center, aufgrund der Bauweise liebevoll auch „Raumschiff“ genannt. So verwundert es nicht, dass in die Welt des Abgründigen auch der ein oder andere Bibliothekar Eingang gefunden hat, sei es als Charakter in Serien und Filmen, als Actionfigur, Superheldin und ja, auch im Erotikkino. Die vielen Facetten zu besprechen würde und wird vielleicht auch bald noch einen eigenen Blogartikel in Anspruch nehmen, auch gibt es in unserer Bibliothek Kolleginnen, die sich dem Genre sehr verdient in Recherchen nähern. In der Netzwelt gibt es dazu jedenfalls viel zu entdecken: Auf Twitter zB sammelt eine Person namens Pulp librarian alles was mit Popkultur und Bibliothekaren zusammenhängt.
Beam me up, Scotty!
Eine andere Art von Science Fiction hat sich durch die Harry Potter Potter Filme in englischen Universitätsbibliotheken breit gemacht: Ganz anders als an der WU atmet man dort noch Eichenholz und altehrwürdiges Buchflair. Die Bodleian Library in Oxford etwa hat als Drehort einen Kultstatus erreicht, der den Kolleginnen dort zweifelhafte Freude und häufigen Besuch von Kamerateams beschert. Vor Jahren war ich dort und traf eine Bibliothekarin, deren Hauptjob mittlerweile darin besteht, bei streng reglementierten Nacht-Drehs eine Art Babysitter für Kameraleute zu spielen. Sie verbringt ihre Nächte damit, die Filmschaffenden zur Ordnung rufen, damit sie den wertvollen Buchbestand nicht mit zu viel Kameralicht bescheinen, die Bodenmarkierungen beachten, und rechtzeitig zur vereinbarten Stunde mit dem Abbau beginnen.

Ein ähnliches Schicksal ist uns zwar erspart geblieben, für solcherlei Hexenzauber ist unser Interieur leider zu modernistisch. Dafür sollte sich 2014 Tom Cruise bei uns mal für einen Teil von Mission Impossible von einem Dach abseilen. Da er ja angeblich alle Stunts selber macht (zumindest erzählte man sich so), hätten wir das schon gerne gesehen. Der Drehtag kam näher, wir waren alle ganz aus dem Häuschen, internationale Zeitungen schrieben über uns.
Leider kam dann aber etwas dazwischen, aus organisatorischen Gründen wurden die Dreharbeiten kurzfristig an einen anderen Ort verlegt.
Ob das wirklich so war, oder man uns das nur sagte, damit wir nicht nächtens in unserer Bibliothek hinter Papiercontainern auf den Hollywood-Star lauern, haben wir nie erfahren.
Es war jedenfalls alles etwas..mysteriös.
Dank für die Inputs an Ulrike Kugler aus unserer Bibliothek
Fotos: Österreichisches Filminstitut
M – Eine Stadt sucht einen Mörder (ab Minute 0:57)
Mindgamers (ab Minute 1:01)
Life Guidance (ab 0:19)