Vor kurzem hatte ich noch darüber gespottet, nun ist es tatsächlich so gekommen: Der zitronengelbe Linde Verlag hat es als Werbeaktion wahr werden lassen: Der KODEX – das Notizbuch.
Vermutlich werde ich aber niemals irgendetwas in diesem Notizbuch schreiben. Für kreative Chaoten wie mich ist das Notizbuch in etwa das psychohygienisch aufgeladene Pendant der Lagerfeldschen Jogginghose: Wer ein Notizbuch besitzt und es sichtbar mit sich herumträgt (ganz gleich wie leer es sein mag), der hat, das weiß man doch, sein Leben im Griff. Ein solcher Mensch ist dort angekommen wo er hinmuss, er hat den Überblick, er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen, hat vielleicht sogar einen papiernen Kalender, und was könnte vertrauenserweckender sein.
Whatever floats your boat
Notizbücher spenden Vertrauen, sie sind die beblätterte Waffe der Bürohengste, das FEEL GOOD Produkt der planlosen Hektiker. Und kein noch so smartes Phone vermag zu erzeugen, was dieses hoffnungsfrohe Beschreiben der ersten Seiten in einem neuen Jahr in einem auslöst. Ich hätte immer gerne zu diesen notierenden Menschen gehört, ihr Leben muss ein glückliches sein, sie haben das geschafft was man im Englischen wenig fein „getting your shit together“ nennen würde. Verwunderlicherweise habe ich mein Leben auch ohne Notizbuch ganz gut im Griff, ich schaffe es Termine einzuhalten, bin pünktlich, zuverlässig und sachlich wie räumlich orientiert. Aber es geht hier auch mehr um die Emotion. Man kann sein Leben auch in einem Stoß wechselnder Post-its gut organisiert kriegen, bewährt ist immer das System, das funktioniert. Nur ein Notizbuchmensch wird wohl nicht mehr aus mir. Bevor dieses gute Stück daher auf dem Stapel anderer angefangener Notizblöcke landet, gestatten Sie mir diesen einen kurzen Moment bürokratischer Hybris.