Der neue Stil
Es war einmal ein Kaiser, der wollte seine Macht im Lande ausbauen. Seine Umfragewerte waren grundsätzlich gut, aber die Art und Weise wie er an die Macht gekommen war, war nicht bei Jedermann gut angesehen, andere hielten ihn für zu jung.
Also holte der Kaiser sich einige Consulter, Spin-Doctoren, Medien-Coaches und Quereinsteiger an seine Seite. Die sollten ihm helfen seine Ideen umzusetzen, und seine Marke auszubauen; er wollte etwas anderes, das ihn frisch und authentisch rüberkommen ließ. Er wollte einen neuen Stil.

Die Berater des Kaisers empfahlen eine Kooperation mit einer Modelinie, die gelinde gesagt in Fachkreisen umstritten war.
Nach kurzer Zeit präsentierte der Kaiser dem Volk sein neues Kabinett und seinen neuen, völlig anderen Kleidungsstil.
Das Volk war besorgt.
Mit der Stimmung im Lande ging es bergab. Der Kaiser zeigte sich bei regelmäßigen Paraden, die neuen Kräfte in seiner Regierung aber trieben ein gefährliches Spiel, sie zerstörten die demokratische Kultur im Land, verprassten Geld und Ansehen, und machten vor den Augen des Volkes den größten Unfug und die schändlichsten Händel.
Der Kaiser bekam wohl mit, dass dies keine Einzelfälle waren, und seine neuen Partner dem Lande schaden würden. Aber er dachte bei sich: Nunja, besser ist’s man redet über die, dann fragt auch niemand nach meiner Hofkasse, meinem Studienabschluss und meinen Jugendsünden.
Die Situation im Lande war bedrückend. Das Volk getraute sich kaum mehr offen zu sprechen oder zu fragen, und auch die Medienlandschaft zitterte um ihre Freiheit. Keiner wagte auszusprechen, was indes für alle klar ersichtlich war: Ob denn der neue Stil am Ende gar kein so neuer Stil wäre..? Sondern bloß neuer Anstrich, auf alten, sehr hässlichen Fahnen.
Eines Tages hielt der Kaiser eine seiner Paraden ab, da hielt es ein kleines Kind nicht mehr auf seinem Sitz, es sprang auf und schrie heraus: „IBIZA! Das ist kein neuer Stil! Seht ihr denn nicht, dass der Kaiser gar kein Rückgrat hat!?“
Das Volk war schockiert. Aber es machte sich auch eine große Erleichterung bemerkbar. Wie ging es weiter: Die Berater von einst waren lang über alle Berge, sie hatten zu guter Letzt noch ein paar gute Geschäfte gemacht (das ist übrigens meistens so).
Ein paar Leute mussten zurücktreten, jemand wollte eine Zeitung kaufen, und jemand hatte keine Oligarchennichte, tja, und dann gab es auch Neuwahlen. Jedenfalls es war alles sehr hässlich, das kann ich ihnen sagen.
Die Leute im Land aber waren froh, dass nun wieder etwas frohere Zustände einkehren konnten, und sie hofften mit verwunderlichem Optimismus auf eine Neustabilisierung der Regierung. Das tun sie noch heute, wenn sie nicht gestorben sind.
Und die Moral von der Geschicht: Der Mensch ist korrumpierbar als a Ganzer, vom Anfang bis zum Ende. Und wer von sich aus nicht schon korrumpierbar ist, den korrumpiert am Ende die Macht.
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