Über das Gelingen der Bibliothekratie

Dass Bibliothekare wahnsinnig werden, ist genau genommen keine Seltenheit und auch nichts besonders Bemerkenswertes. Als Juristische Bibliothek arbeiten wir nicht nur täglich in gleich doppelter Hinsicht mit Geboten und Normen, auch gibt es im Hause eine gewisse Personalunion mit obersten gerichtlichen Behörden, und so erstaunt es nicht, dass wir uns über die Jahre hinweg mittlerweile im Grunde selbst als eine Art von Behörde ansehen.

Der Alltag in einer Bibliothek ist in vielerlei Hinsicht von Regeln und Ordnungen geprägt, die wir immer wieder neu gestalten und fortentwickeln, und so hoffen wir letztlich selbst einen Beitrag zum juristischen und gesellschaftlichen Diskurs zu leisten, zur Wahrung der Demokratie, der Nutzerinteressen und des guten Humors.

Auch im Jahr 2016 konnten wieder große Entwicklungsschritte auf diesem Weg gegangen werden.

So wurde nicht nur ein lange entbehrtes Bibliotheksgericht als oberste Bibliotheksbehörde eingerichtet, das sich mit der Anfechtung von und Ahndung von schweren Entlehnvergehen befasst. Auch wurde äquivalent zur Volksanwaltschaft eine Bibliotheksanwaltschaft ins Leben gerufen, welche die besonders zu schützenden Nutzerinteressen wahrnimmt.

Und schließlich erhielt mit dem Amte der Bibliothekspräsidentin unser Bestand ein wichtiges oberstes Organ, das fortan an der Spitze der Bibliothekratie stehen soll, und wichtige Funktionen wie zB den Erlass von Entlehn-Amnestien wahrnimmt.  Nicht unerwähnt bleiben sollen auch gesetzliche Neuerungen und Maßnahmen von weitreichender Bedeutung, wie etwa die Einführung des gelben Laufzettels, der Beschluss über die Fußfessel für den Kodex und die Durchführungsverordnung zur akkordierten Rückaktion.

Ein Überblick über die wichtigsten Gesetze, Entscheidungen und Geschäftsgänge, die das Bibliotheksgericht im Jahr 2016 beschäftigten soll hier in einer Art Geschäftsbericht vorgelegt sein.

E-König

Die Ballade vom E-König
Eine Version für Bibliotheken

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind,
es ist der Leser mit seinem Kindle
E-Reader.

Er hat den Kindle wohl im Arm,
er hält ihn sicher, er hält ihn warm,
da gibt sein smartes Phone Alarm.

2. “Mein Phone, was birgst du so bang dein Gesicht?”
-”Siehst Leser, du den Medienwandel nicht?
..der Datenschutz… im E-Bereich..”
“-Mein phone, der ist ein Nebelstreif.”

(E-König)

3. “Du lieber Kindle, komm geh’ mit mir!
Gar schöne updates spiel ich mit dir
die machen dir ein responsive design,
Meine Mutter hat manch silbernen Schrein.”

(Kindle)

4. “Mein Leser, mein Leser, und hörest du nicht,
Was Google Books mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
In dürren Blättern säuselt nur mehr wer völllig altmodisch ist.”

(E-König)

5. “Willst feiner Kindle du mit mir geh’n?
Meine Techniker sollen dich warten schön,
Meine Techniker führen den nächtlichen Reihn
und laden geschwind in die Cloud dich hinein.”

(Kindle)

6. “Mein Leser, mein Leser, und siehst du nicht dort
E-Königs Techniker am düsteren Ort?
“Mein Kindle, mein Kindle, ich seh’es genau:
Es scheinen deine alten Zeilen so grau.”

7. “Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht billig, so brauchts mehr Gehalt!”
“Mein Leser, mein Leser, jetzt faßt er mich an,
E-König hat mich in die Cloud getan!”

8. Dem Leser grauset’s, er reitet geschwind(le),
Er hält in den Armen das ächzende Kind(le),
Erreicht den Hof mit Mühe und Not,
Und las fortan nur mehr analog.

Was in keiner guten Bibliothek fehlen sollte

..gerade für einen Kollegen eine Liste aus einem globalen
Zeitschriftenverzeichnis recherchiert…dabei auf einige großartige
Titel gestoßen die wir bei nächster Gelegenheit unbedingt erwerben
sollten.
Eine Auswahl.

PS: Alle diese Zeitschriften/Magazine gibt es tatsächlich.
Sollte in keiner guten Bibliothek fehlen.

  • Bayerische Schützenzeitung
  • Gartenbahn Profi, Internationales Magazin für große Modellbahnen
  • Icons Vampire Chronicle
  • Oh lá lá Freizeitmagazin
  • Pegasus – Aufgegangen in: Mein Pferd
  • Zuckerrüben Zeitung, Verband Süddeutscher Zuckerrübenanbauer
  • ÖPUS Österreichische Puppenspiel Journalette
  • PROST Fachmagazin für Ernährung, Gastronomie, Hotellerie und Tourismus
  • Zoologischer Zentralanzeiger
  • Current Pain and Headaches Reports
  • Dr. Med Mabuse – Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe
  • Neue Zeitschrift für Aquaristik und Terraristik
  • Spatzenpost, Die Schülerzeitschrift des Österreichischen Jugendrotkreuzes
  • Pudel-Spiegel, Verband der Pudelfreunde
  • Feuerwehr Freak – Feuerwehr Fahrzeug Zeitung mit Modellbau
  • Eisenbahnerphilatelist, Der
  • Korrespondenz Abwasser KA
  • Käse-Theke, Verkaufspraxis für das Personal in Bedienungsabteilungen
  • Oppelner Heimatblatt
  • TätowierMagazin, Forum der deutschen Tattoo-Szene
  • EnergieDepesche, Bund der Energieverbraucher
  • Traktor Classic, das Magazin für historische Landmaschinen

Das waren noch Zeiten!

“Ihre Angaben sind bibliographisch nicht auffindbar!” – Das waren noch Zeiten! Lange vor diesem verrückten Internet-Hokuspokus,
Auszüge aus einem alten Wunschbuch. Durch und durch korrekt abgewickelt, deponierte der demütige Lesende seinen Anschaffungsvorschlag, nebenan die zustimmende oder abschlägige Stellungnahme der Bibliothek, und was uns natürlich besonders aus dem Herzen spricht, gelegentlich der harsche Verweis:
“Loseblatt-Ausgabe. wird nicht angekauft!” Dem haben wir nichts hinzuzufügen 🙂

#Dieses “Internet” wird sich eh nicht lange halten.

Zuwachs

Überglücklich haben wir die Nachricht vernommen dass ein beliebter Kommentar zum Bundesverfassungsrecht von 4 auf insgesamt 9 Mappen erweitert wird.
Da die Um- und Einräumarbeiten die nächsten Jahre in Anspruch nehmen werden, bitten wir von dringlichen Anfragen abzusehen. Wie müssen uns jetzt mit aller zur Verfügung stehenden Kapazität auf das Wesentliche konzentrieren.

Das Bibliotheksgericht tagt

Die Pausenuhr für den Wahlbeisitzer: In einem Akt mehr als
menschlicher Güte haben gestern gleich mehrere österreichische
Bibliotheken entschieden ihre Pausenuhren für die nächsten Wahlbeisitzer
zu spenden.
Weiters sollen bibliothekarische Fachkräfte in Zukunft beim Schlitzen der Wahlkuverts zur Seite stehen.

“Wenn man sehr konzentriert arbeitet, übersieht man leicht mal die Zeit, das wissen wir aus Erfahrung. Eine Pausenuhr kann hier gute Dienste leisten. Man
merkt einfach dass hier das bibliothekarische Know how noch fehlt,
speziell im Umgang mit der hochtechnisierten Schneidemaschinen, das kann
man von einem Laien ja nicht verlangen. Wir sind froh unsere Expertise
hier im Dienste der Republik einbringen zu können. Wir fangen dann aber
auch sicher nicht vor 9 Uhr an.”, so eine anonyme Bibliotheksfachkraft.