Grippemittel in alten Zeitungen- ANNO 1918

*Beipackzettel. Die Bibliothekarin empfiehlt: Stecken Sie nichts in Ihre Nase, was da nicht hingehört. Und versuchen Sie auch sonst Gelassenheit zu bewahren.

Das Forman-Nasenglas! Bei rechtzeitiger Anwendung fast unfehlbar

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Werbung vergangener Zeiten

Die Angst vor Ansteckung mit unangenehmen oder auch gefährlichen Krankheiten hat die Menschen zu allen Zeiten beschäftigt. In alten Zeitungsannoncen in ANNO und der Plakatsammlung der Wienbibliothek kann man bestens nachvollziehen, wie sich die Arzneimittelwirtschaft über die Jahrhunderte entwickelt hat, in welche Grippemittel große Hoffnungen gesetzt wurden und welche eher unseriösen Methoden am Markt angepriesen wurden.. 

LYSOL – Wirkt immer!

Desinfektionsmittel gab es damals schon, und das Wissen um die Wichtigkeit von sterilem Material in der Wundpflege war zur Zeit der spanischen Grippe schon hinreichend verbreitet. Hier war auch lizenzrechtlich beachtlich, dass Desinfektionsmittel nicht von jedermann hergestellt und vertrieben werden durften, was in der gesamten Monarchie streng konrolliert wurde. In einer Anzeige unten etwa heißt es auch „Die Einfuhr von Lysol aus dem Auslande ist unstatthaft.“

Bildschirmfoto 2020-03-14 um 22.01.59Pharmaceutische Post 1920

Bittere Medizin 

Ein wirksames Gegenmittel gegen die spanische Grippe und die ebenfalls verbreiteten Influenza-Epidemien war leider nicht vorhanden, die erste richtige Grippeimpfung wurde erst 1936 eingeführt. Der Schwerpunkt lag daher auf Fiebersenkung und Entzündungshemmung, wobei die bereits entdeckte Acetylsalicylsäure und ein Präparat namens Pyramidon zum Einsatz kamen.
Außerdem war speziell im Militär Chinin das Mittel der Wahl.

Bildschirmfoto 2020-03-14 um 22.02.56Bildschirmfoto 2020-03-14 um 22.01.22Pharmazeutische Presse 1917

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„Ist es Angst vor der Grippe, oder hustest du sehr: Dann trinke den Kräuter-Syrup Likör!“

Ein Hauptaugenmerk der Zeit lag nicht nur bei Kinderarzneien auf dem schwierigen Akt des Genießbarmachens, da man die oft bitteren Arzneistoffe in eine oral verträgliche Form bringen musste, etwa in Form von Pastillen mit viel Zucker, Sirupen oder Ähnlichem.
Untenstehend sucht nebenbei auch ein Verlagsdirektor eine ehrbare Bekanntschaft..

Zerschlagene Hoffnungen

Viele Wirkstoffe die hoffnungsvoll zum Einsatz kamen, erwiesen sich im eigentlichen Anwendungsgebiet leider als wirkungslos. Präparate wie Sublimat, Malafebrin oder das oben in der Anzeige aufgeführte Vioform wurden in den pharmazeutischen Zeitschriften wie wild beworben, zeigten gegen die spanische Grippe aber keinen Erfolg.

Große Hoffnung setzte man auch in ein Chemotherapeutikum namens Salvarsan (unten eine Anzeige aus einem Film über die Entstehung des von Paul Ehrlich entwickelten Medikaments), das letztlich in der Syphilis-Therapie erfolgreich wurde, aber starke Nebenwirkungen hatte und in der Therapie der Grippe-Erkrankungen nichts brachte.

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Scharlatanerie und Hokuspokus

Abseits von den getesteten Mitteln (es gab auch damals schon strenge Zulassungsverfahren) kursierten natürlich zahlreiche abergläubische und vulgärmedizinische Vorstellungen und Mittelchen zum Hausgebrauch: Unter anderem wurden spezielle Grippestaubsauger angeboten, die den Virus einsaugen sollten, diverse Balsame, Seifenlösungen und Brachialtherapien, die wohl eine aggressive Körperhygiene schufen, bei bereits Erkrankten aber oft mehr Schaden als Nutzen anrichten konnten.

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Oben: Der Bartwuchs-Balsam für den klassischen Kaiser Franz Josef Bart. Nicht gegen Grippe wirksam, aber stilvoll.
Unten: Pharmazeutische Stellengesuche.

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ANACOT schützt vor Grippe! im Kino, im Theater, in der Straßenbahn!

Neben den Zeitschriftenbeständen der österreichischen Nationalbibliothek in ANNO gibt es eine weitere spannenden digitale Quelle für alte Werbeanzeigen, Plakate und Flugschriften: Die Wien Bibliothek im Rathaus mit ihren digitalisierten Sammlungen. Auch hier kann man köstlich in jüngeren Werbeanzeigen stöbern, und erhält einen guten Eindruck vom jeweiligen Geist der Zeit. Man sieht: Die Angst sich anzustecken war zu allen Zeiten ein Thema..

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Originalquelle: Plakatsammlung der Wienbibliothek im Rathaus
Hohes C – jetzt lauert die Grippe

in ANNO, dem Zeitungsportal der österreichischen Nationalbibliothek:

Die Internationale klinische Rundschau
Die Pharmaceutische Post
Die Drogisten-Zeitung
Anzeigenband zu Zeitschrift des allgemeinen österreichischen Apothekerverbandes