Stadtbibliothek Bautzen

Bei einem kleinen Spaziergang durch Bautzen gelangt man auch in die dortige Stadtbibliothek. Wir stellten uns darunter eine kleine Ortsbücherei vor, mit ein paar popeligen CD-Roms und abgegriffenen Bridget Jones Bänden. Was uns erwartete war indes eine gewaltige Sammlung von Medien aller Art auf 4 Stockwerken, ein äußerst gepflegter Bestand von Büchern, Zeitschriften und Spielen, der uns wirklich vom Hocker gerissen hat. In dieser Bibliothek könnte man Jahre verbringen und in einem der netten Lesecafé-Ecken vor sich hinschmökern, wir waren wirklich beeindruckt.

 

Oben die Besucherin vor dem Regal mit Künstlerbiografien: Hier gibt es wirklich alles, Helene Fischer, Andreas Gabalier und Costa Cordalis..

 

Signatürlich herrscht schöne Ordnung, und überall hat sich das Bibliotheksteam liebevolle Gedanken gemacht. Selbst die Buchwagen zur Ablage werden mit einem schönen Spruch begleitet. Bemerkenswert schön fand ich tatsächlich auch die Icons auf den Hinweisschildern, die irgendwie etwas Keckes haben. Neu für uns war das Wort „Kreisergänzungsbibliothek“, ein sehr deutsches Wort, wie wir fanden 🙂 Wir stellen uns darunter eine Art Austauschsystem von Büchern im Verbund vor, ähnlich der Fernleihe, konnten aber noch nichts Genaueres in Erfahrung bringen. Unten: Wer nicht weiß wonach ihm der Sinn steht, kann aus einer Buchempfehlungsbox einen Vorschlag ziehen!

 

Die Sektion „Staats- und Rechtsgeschichte“ beinhaltet auch Überaschendes, weiß aber auch durch Klassiker zu gefallen, und das ist in Stadtbüchereien ja häufiger so.

Der Drehständer urteilt nicht

Besonders fällt auf, dass die Bibliothek es zusätzlich zu ihrer alphanumerischen Signatur schafft, Titel zu besonderen oder aktuellen Themen an einladenden Stellen zu gruppieren: Ein Regalboden mit einem Zitat und bekannten Hörbüchern der Schauspielerin erinnerte zB an die kürzlich verstorbene Hannelore Elsner, das war wirklich geschmackvoll gemacht. Weiter hinten verlor ich mich in trivialeren Feldern: Es gibt alleine eine ganze Sektion an einem Drehständer mit Büchern, die ich jetzt mal  „Kinder, die in Sekten groß wurden“ (und vergleichbare Schicksale) genannt hätte.

Diesen Effekt „Wenn Sie dieses reißerische Buch interessiert hat, schämen Sie sich nicht: Hier sind noch ein paar Titel mit ganz ähnlichen Themen..!“.  Also was man sonst nur bei Amazon findet, das habe ich noch nirgends so gut nachgebaut gesehen, nicht mal im Buchhandel. Hier macht alles Lust und Neugier darauf zu Lesen, und man fühlt sich nicht verurteilt, wenn man zwischendurch in das Regal mit den Kitschromanen greift. Hier fühlt man sich als Mensch irgendwie angekommen, und man merkt, dass überall mit klugen Gedanken Hand angelegt wurde.

Die Stadtbibliothek Bautzen ist wirklich sehenswert, man muss nur aufpassen dass man nicht die Zeit vergisst, denn das angenehme Ambiente lässt einen die Welt herum schnell vergessen.

Zu Besuch in der SLUB in Dresden

Im Zuge unserer Deutschlandreise besuchten wir auch die SLUB in Dresden, die Sächsische Landes-, Staats- und Universitätsbibliothek. Gleichzeitig Bibliothek der TU Dresden ist sie bekannt für ihre technischen und grafischen Makerspaces und ein äußerst  modernes Konzept zur Medienkompetenz.

In der SLUB gibt es nicht nur eine gewaltige Schallplatten- und Mediensammlung, sondern auch ein Klavier, auf dem jeder (mit Kopfhörern) spielen darf.

In diversen Medienlabors können verschiedene Scanner und Geräte verwendet werden, geöffnet ist bis 24 Uhr, auch für das normale „Fußpublikum“. Ein Buchbindeservice für Hochschulschriften wirbt mit dem Slogan „Haben Sie Bindungsängste?“. Unten sieht man Kästchen für die Reservierung von Büchern, die man zur weiteren Verfügung für sich halten möchte (am Hinweisschild steht auch welche nicht: zB Präsenzbestand).

Hier sind wir „Österreicher“ in der ausländischen RVK zu finden; Der Rechtsbestand ist (erklärlicherweise) überschaubar, denn es gibt keine Rechtsfakultät im Hause. Wir konnten dennoch ein vertrautes Werk ausfindig machen, nebst einer Art Gesetzessammlung für BibliothekarInnen!

Die SLUB in Dresden, eine gelungene Verschränkung von klassischem Lesesaalerlebnis und moderner Medienwelt.

 

Off Topic: Erinnerungsstücke

Dieses Kleid stammt von meiner Oma, die vor Kurzem im 94. Lebensjahr verstorben ist. Zu Ostern habe ich es getragen und mich sehr daran gefreut. Das Kleid hat sie ziemlich sicher auf einer ihrer Reisen gekauft; mein Großvater war Archäologe und sie hat ihn auf fast allen seiner Reisen und Ausgrabungen begleitet. Das Kleid stammt vermutlich aus Griechenland, eventuell auch aus Italien und vom Stil her könnte sie das in den 70er Jahren gekauft haben, eventuell aber schon viel früher in den 50ern; genau wissen wir es nicht. Es gab aber dort zu beiden Zeiten in diesen Ländern solche Kleider, es gibt sie teilweise auch heute immer mal wieder.

Was abseits des Stils fasziniert: Diese Sackkleider, die in den 50ern so richtig aufgekommen sind; man fragt sich ja schon ein bisschen, wie die Frauen das früher gemacht haben.

Selbst bei sehr schlanker Figur muss man ausgesprochen diszipliniert den Bauch einziehen, um nicht selbst wie ein Sack auszusehen, das Kleid arbeitet da sozusagen gegen einen, und das ist noch sehr höflich ausgedrückt.
Es zeigt sich: Man muss wirklich KERZENgrade dastehen, wenn man so etwas anhat. Vielleicht aber war es den Frauen damals einfach gleichgültig, dass das der Figur nicht gerade schmeichelt, sie hatten vielleicht Wichtigeres zu tun, legten mehr Wert auf Bequemlichkeit (denn bequem sind diese Kleider wie nur was), oder es waren Kleider mit diesem Schnitt einfach gebräuchlicher im Alltag.
Ein schöner und etwas rätselhafter Fund jedenfalls, ich freue mich dass ich das Kleid in meinem Schrank habe, deswegen wollte ich auch kurz etwas dazu schreiben.
MODE aus anderen ZEITEN

Rabatte, Rabatte – Meine Soon to happen Karriere als juristische Influencerin

„Eine Frau hat zwei Lebensfragen: Was soll ich lesen? und: Was soll ich schreiben?“
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Die Verlage verwöhnen dieser Tage mit einer Parade von kreativen Werbemitteln (ich schrieb hier neulich schon über meine Kodex-Tasche). Nun gibt es zum 40 Jahre Kodex Jubiläum auch die passende Broschüre (ich warte nur noch auf das Notizbuch in Kodexform), außerdem saftige Rabatte, und ein Folder über Erscheinungen aus dem Arbeitsrecht von MANZ kommt gleich als ganzes aufklappbares Papierhäuschen daher. Ehrlicherweise muss ich ja gestehen, dass man mich mit solchen billigen Taschenspieler-Tricks einfach kriegt, also ich bin für kreatives Marketing schon sehr anfällig.

In den Medien hört man in letzter Zeit viel über Influencer. Das sind diese (mostly) jungen Leute, die ihr Geld damit verdienen auf Plattformen Werbung für Produkte, Reisen und Livestyle zu machen. Und zwar ist das Werbung die möglichst nicht wie Werbung wirken soll, sondern mehr so also würde einem eine gute Freundin zwinker zwinker den absoluten Geheimtipp geben.

Ich frage mich dann immer, ob ich in Wahrheit nicht selbst auf eine Karriere als Influencerin zusteuere oder gar schon eine bin, nur dass ich eben Werbung für Bücher und Bibliotheken mache. Mit einer lieben Kollegin (Grüße!) habe ich vor Jahren schon darüber gewitzelt wie unsere Karrieren als Bibliothekarische Influencerinnen aussehen würden: Wir würden das Essen in der Mensa kommentieren und uns mit diversen Verlagstaschen und T-Shirts ausstatten lassen, außerdem würden wir natürlich jeden Tag ein Video online stellen, in dem man uns sich räkelnd mit verschiedenen juristischen Fachpublikationen sieht. Etwa so: „Also morgens, nach dem Aufstehen, da gönne ich mir erst mal einen schönen Chai Latte und ein Kapitel vom PSK Grundriss des Bürgerlichen Rechts in der 5. Auflage mit Glossar, um richtig wach zu werden!“, oder „An Regentagen nehme ich ja immer gerne den Rummel zur Hand, und genieße ein zwei Passagen Kommentierung zum Stellvertretenden Commodum!“.

Bedauerlicherweise lesen sich ja juristische Texte häufig eher so:
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Mit unserem Charme würden wir noch der letzten spröden Festschrift zu Ruhm und Esprit verhelfen. Studierende würden uns zujubeln und hypen, Lehrende würden uns beknien ihre neuesten Publikationen zu bewerben.

Vielleicht zu Unrecht aber haben Influencer einen relativ schlechten Ruf und werden häufig belächelt, sie würden nichts Gescheites arbeiten. Für unsere Eltern ist es rätselhaft, dass man seinen Lebensunterhalt damit verdienen kann, akribisch verschiedene Kopfhörer-Sets oder Energy-Drinks in eine Smartphone Kamera zu halten, und dabei ihre Vor- und Nachteile zu besprechen. Neulich las ich, dass Influencer aber auch nichts anderes seien als die Kaffeefahrten-Organisateure und Haustür-Staubsauger Vertreter der 50er Jahre. Wenn man sich also vor Augen hält, dass das Empfehlen von Makeup-Produkten und Yogahosen auf Instagram auch nichts anderes ist als die Frau, die mit dem Strahlen im Gesicht sagt: ‚Aber dann hat mir meine Freundin Perlweiß empfohlen!“, dann ist das alles auch wieder gar nicht so neu.

Früher gab es diese Werbespots für Abführmittel, in denen meistens eine Frau von Verdauungsbeschwerden geplagt war. Dann kam Mutti ins Bild (beim Waldspaziergang) und verriet mit verschwörerischer Stimme ihr Geheimnis gegen das unangenehme Magengrummeln. Das Konzept von Influencing basiert auf einem ähnlichen Vertrauensverhältnis: Wenn Mutti es sagt, nunja sie muss es ja wissen, wenn die Dings dieses Produkt verwendet, also dann muss es ja gut sein.

Ob Abführmittel oder Energydrink: Jede Zeit bekommt eben die Werbung, die sie verdient.

Also, folgen Sie mir weiter und warten Sie auf meinen Durchbruch, damit Sie dann eines Tages sagen können: ICH kannte sie ja schon, da war sie noch nicht berühmt!“

Sehen Sie abschließend hier den Werbefilm „Eine Frau hat zwei Lebensfragen“ von Dr. Oetker, 1954:
Eine Frau hat zwei Lebensfragen

Schanigarten

Der Begriff „Schanigarten“ ist leider nicht als Schlagwort normiert, was eigentlich schon für sich genommen ein Skandal ist. In solchen Fällen ist die ganze Kreativität der Fachreferenten gefragt, eine möglichst gute Umschreibung mit verwandten Begriffen zu erzielen. Eine sehr juristische Tätigkeit, dringt man doch so zum Begriffskern von so manchem Wesen durch, der links und rechts von „falschen Freunden“ gesäumt wird. Schallend lachen musste ich allerdings vor Jahren über eine Monographie zu „Forum Shopping“, die eine treue Seele mit „Einkaufszentrum“ beschlagwortet hatte.

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Literaturempfehlungen

„Hallo, ich hätte gerne etwas Deprimierendes über Klimawandel und Umweltschutz..und die Schädlichkeit des modernen Kapitalismus sollte im Mittelpunkt stehen.“

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„Da kann ich Ihnen das neue Standortentwicklungsgesetz empfehlen! Es handelt davon dass Konzerne in Zukunft jeden Unsinn der ihnen einfällt überall hinbauen dürfen, ohne dabei auf Umweltverträglichkeit oder Nachbarrechte zu achten!“
—  „Ausgezeichnet!“

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„Dritte Reihe links, beim Gewerberecht.“
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klima5

„Aber lesen Sie es schnell, bevor es der VfGH wieder aufhebt..“