Vermischte Schriften

In den letzten Wochen bekommen wir sehr viel interessante Neuerwerbungen aus den Bereichen Philosophie, Sozialwissenschaften und Politik. Das liegt einerseits daran, dass unsere Institute um diese Jahreszeit sehr viel Literatur bestellen, andererseits aber auch an gewissen Trends im Buchhandel.

 

Natürlich können wir nicht in jedes Buch hineinlesen, aber einen genaueren Blick müssen wir Fachreferentinnen ja ohnehin ins Werk werfen, und dabei lernen wir so manches.

Neue Erkenntnisse dazu in dieser Woche: Dressing up the bride ist ein Ausdruck für gewisse „Schönungen“ in der Bilanz, die meistens vor einer Unternehmensfusion gemacht werden. Behemoth, eine biblische Gestalt die wir auch nicht so genau kannten, quasi der böse Zwilling von Leviathan (letzterer Juristinnen schon eher ein Begriff). Über dem Studieren von Büchern kann man als Bibliothekar schon einmal philosophisch werden, genau so wie auch unser neues Katalogsystem viele Fragen aufwirft: (Warum wird alles schwarz wenn man hier klickt? Wo ist Subfeld $ hin? Und was ist der Sinn des Lebens?). Ähnlich schwierigen Themen widmet sich ein Buch zum Medizinrecht, in dem es letztlich um den Unterschied zwischen Tier und Mensch geht. Eine Festgabe für Rosemarie Will ehrt eine der ersten Hochschulprofessorinnen, die nach dem Ende der DDR berufen wurden. Und schließlich ein Buch zur Rechtsästhetik, das uns staunen ließ, weil es über und über mit Glitzer verkleidet ist.

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Wir, wenn die Institute von allen Seiten an uns rütteln und zahlreiche Sonderwünsche haben. Es ist wieder Laokoon Zeit des Jahres.

Was bisher geschah..Neuanfänge

Ich bin wieder da! Der beste Ehemann von allen hat meinen Blog wieder schön gemacht, ihn von einer Plattform auf eine neue migriert, und alles wieder geordnet und repariert, was mich bei meinem alten Blog störte. Es ist nicht ganz so körperlich anstrengend wie ein Wohnungsumzug, aber mindestens ebenso viel Aufwand und daher die größte Liebeserklärung die man einem Menschen machen kann. Es gibt jetzt auch Kategorien wie „Selbstgezeichnetes“, „Der Nutzer als Problem“, „Das Bibliotheksgericht“, oder „Bibliotheksalltagsgeschichten“, um dem seit 2014 tüchtig gewachsenen Blog eine bessere Struktur zu geben.

Aus diesem Grund habe ich hier, quasi als Start in ein neues Zeitalter wieder eine Sammlung der schönsten Widmungen erstellt. Als Bibliothekarin liest man ja als erstes die Widmung und das Vorwort, heimlich hofft man dort auf Banales, Anstößiges oder Privates zwischen den ansonsten seriösen wissenschaftlichen Einbanddecken zu stoßen, und wird häufig belohnt. Besonders gut gefällt mir das kryptische „41 b gewidmet“, oder poetisch „To each other“. Immer noch häufig wird der Lebenspartnerin in der Widmung eine mehr „ertragende“ und „leidende“ Rolle zugeschrieben, die sich auf moralische und kulinarische Unterstützung im Hintergrund zu konzentrieren scheint.

In letzter Zeit kommen aber immer wieder auch Arbeiten, in denen eine Frau auf solche Weise ihrem Partner dankt, was Anlass zur Hoffnung gibt.

In der Zwischenzeit hat sich eine liebe Kollegin in die Karenz verabschiedet, eine andere liebe Kollegin ist hinzugekommen, und auch sonst haben uns unsere Departments und Bücher zu originellen und aufregenden Themen in Atem gehalten (ein Auszug unten). Weiters habe ich geheiratet, eine Literaturrundschau konzipiert und ein Psychologieskriptum mit Illustrationen versehen.

Davon, was wir in der Bibliothek erleben werde ich ab nun wieder regelmäßig hier berichten.

 

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Ideenhimmel: Über Nebenprojekte

In den letzten Wochen hatte ich die Ehre an der Verfertigung eines Skriptums mitzuwirken. Dieses Skript ist für den Unterricht gedacht und handelt von Psychologie und Philosophie. Es wird wahrscheinlich das beste Skriptum aller Zeiten, denn die Illustrationen sind von mir. Die Idee war, abstrakte wissenschaftliche Theorien durch die ein oder andere Abbildung verständlicher zu machen.

Also zeichnete ich.
Ich zeichnete Sisyphos, wie er den Stein den Berg hinaufrollt. Ich zeichnete sabbernde Hunde (Pawlow), eingesperrte Katzen (Thorndike) und Ratten, die durch ein Labyrinth laufen (Rosenthal-Effekt) weiters Löwen, vor denen jemand erschrocken wegrennt, und Giraffen (Gewaltfreie Kommunikation). Ich zeichnete Menschen, die widerwillig Kekse essen (Soda-Cracker-Experiment) und Kinder, die ungeduldig Marshmallows essen (Marshmallow Test), Menschen, die aufgeregt über eine Brücke gehen, deswegen Angst haben und das mit Verliebtheit verwechseln (tja), und Menschen auf die eine Straßenbahn zurast (Trolley-Problem).
Am stolzesten bin ich auf meine Interpretation von Platons Höhlengleichnis (Himmel, was für eine Herausforderung) und eine Zeichnung zu „Verschwörungstheorien“, in der man UFOs und hinterhältige kleine Kapuzenmänner sieht. Zuletzt zeichnete ich noch Sokrates (Mäeutik) und einen Scheinwerfer (Karl Popper). Am wenigsten Freude bereiteten mir Zeichnungen über die Beschaffenheit der Zelle und den synaptischen Spalt, da sie neurologische Details verlangen, die mich rasch ermüden.

Alles hat aber großen Spaß gemacht, sodass ich mich nun bald daran machen kann, die gesamte europäische Kulturgeschichte zu illustrieren 🙂 Die Aussicht, dass das ein oder andere Bild aus meiner Feder künftigen Schülern das Verständnis etwas erleichtern könnte, macht mich fröhlich.

DSGVO

So sahen Newsletter und Datenschutz-Disclaimer übrigens früher aus, sympathische analoge Zeiten:
Sie werden sicher verstehen, dass der Verleger den Weg seiner Bücher mit
Hoffnung und Sorge verfolgt und gerne erfahren möchte, wie sie zu ihren
Lesern fanden und von ihm aufgenommen wurden. Darum bitte ich Sie, die
Fragen dieser Karte zu beantworten. Ich will Sie dafür gerne regelmäßig
über die Veröffentlichung meines Verlages unterrichten”..

 

“Die Bücher meines Verlages können durch jede gute Buchhandlung bezogen werden…Zum Kauf des Buches veranlasste mich (Rundfunk/Katalog/Tageszeitung/persönliche Empfehlung)..”

oder auch “Die Cotta’sche Bibliothek der Weltliteratur”:

“Eine klassischen Büchersammlung von nie veraltendem, unvergänglichen Werte..”

Erinnerungslandschaften

#Gedächtnisbibliothek

Gemäß der Formulierung eines unserer Kollegen, dass Handbibliotheken “ERINNERUNGSLANDSCHAFTEN” seien, habe ich hier ein paar Worte zur Gedächtnisbibliothek Prof. Rill geschrieben, die wir vor kurzem zur Bearbeitung übernommen haben.

Hand- oder Nachlassbibliotheken sind Erinnerungslandschaften, weil sie Einblick darin geben, mit welchen Themenkomplexen sich Forscher/innen zu einer Zeit ihres Schaffens beschäftigt haben. Eine solche Bibliothek zu erschließen ist immer etwas ganz Besonderes, und häufig findet man in solchen Beständen auch Bücher, die für sich alleine genommen überhaupt keinen Sinne ergeben, und erst in Kombination mit ein, zwei anderen Werken zu einem stimmigen Akkord zusammenwachsen.

Nicht selten findet man daher auch in Bücher eingelegte Zeitungsartikel, Rezensionen oder Rechtsmeinungen von Berufskollegen, über die der Nachlasser sich gefreut oder geärgert hat, und die eine besondere zusätzliche Fußnote zu einem juristischen Diskurs abliefern; (siehe oben “Ein Armutszeugnis – Studie über die Wirtschaftsuniversität”) – eine Praxis des Einlegens von Zeitungsausschnitten, die leider zunehmend im Aussterben begriffen ist.

Die meisten Nachlassbibliotheken bestehen aus einem sogenannten “Filetstück” (man verzeihe mir diese etwas flapsige Wort-Entlehnung von einem Prof. der hiesigen Anstalt): Dies sind oft ältere, teilweise auch wirklich wertvolle Bücher, die dem zentralen Sammlungsschwerpunkt des Forschers entspringen und das eigentlich Interessante am Bestand darstellen. Das Filetstück wird in jedem Fall aufgehoben und erschloßen, sofern die Bibliothek es zu Gesicht bekommt.
Umkränzt wird dieses “Filetstück” meistens von einem gewissen, nennen wir es einmal höflich: Sammelsurium: verschiedenste Auflagen von Lehrbüchern und Kommentaren, an denen der Nachlasser herausgebend mitgewirkt hat. Hinzu kommen Buchgeschenke von Kollegen, die von der juristischen Entwicklung, dem Auf und ab des Verlagsmarktes bereits vielfach wieder abgelöst und eingeholt worden sind, die aber durch eine Vielzahl von lieben persönlichen Widmungen eine eigene Geschichte erzählen, an Symposien,  Veranstaltungen erinnern und Zeugnis langjähriger akademischer Wechselbeziehungen geben.
Abschließend findet man dann häufig noch das eine oder andere Kuriosum, belletristische Werke oder Klassiker des Juristenhumors (siehe oben: “Das Klopapier im österreichischen Recht”).

Die Aufgabe der Bibliothek besteht, so sie denn die Möglichkeit dazu erhält und nicht überhaupt nur das “Sammelsurium” übernimmt, in der Erschließung und Sortierung des Bestandes. Dabei gilt es das Wesentliche vom Unwesentlichen mit einem gewissen Augenmaß zu scheiden, ohne dabei den Bestand allzu sehr auseinander zu reißen oder in bibliothekarischer Rührseligkeit zu versumpfen.
Aufschluss dabei geben nicht zuletzt auch die Kollegen des spendenden Instituts, die den Bestand für eine Bearbeitung durch die Bibliothek vorsichten und aus der Sicht ihrer Institutsgeschichte heraus überblicken.