Einblicke und Ausblicke

Das neue Jahr galoppiert schon wieder dahin wie die Wiener Hofreitschule..und während anderswo Demokratien zerbrechen und man vielerorts um die allgemeine Sicherheit bangt (unten rechts im Bild daher symbolisch gleich mal eine Armlänge Abstand) widmen wir uns schon wieder mit vollem Einsatz dem wichtigsten unserer Ziele: Der Erziehung unserer Nutzerinnen und Nutzer zu einer besseren Gesellschaft.

 

Formen und Farben – Über die VerIKEAisierung der Gesellschaft

To begin with: Aus unserer Reihe Coverkunst stach diese Woche ein Kaleidoskop von bunten Gemälde hervor. Hier gilt erfahrungsgemäß: Je Rechtsphilosophie/-theorie, desto Kunst am Cover..Von wegen grau ist alle Theorie.

 

Wer die Reihe „Key Ideas in Law“ sammelt, hat dafür am Ende genug Material für eine komplette Jugendstiltapete! Bloomsbury Professional Programm, we can see what you did there..
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Schöne Widmungen gab es auch wieder, bei „all the ones I love“ kann sich sogar ein/e jegliche/r mitgemeint fühlen. Eine diplomatische Lösung. „For Jane“ beginnt dramatisch, und biegt auf den letzten Metern der Widmung zu einer sachlich trockenen Wendung ab. Im Vorwort eines Praxisleitfadens schließlich wird wieder unter Beweis gestellt, dass die Steuerrechtler entgegen ihrem Ruf die wahren Dramaturgen der Leidenschaft sind.

Sehr interessant war ein Buch über Sittenwidrigkeit und  Selbstbestimmung im Vertragsrecht – unter besonderer Berücksichtigung von Verträgen zu „Liebe“, Sex und Fortpflanzung : rechtliche und kulturelle (Schweiz, Deutschland, Japan) sowie theoretische Perspektiven zu den Grenzen der Autonomie.

Darin gibt es unter anderem Interviews mit SexarbeiterInnen, Bordellbetreibern und Leihmüttern, und die Frage was man im Sinne der guten Sitten vertraglich vereinbaren darf. Leider konnte ich nur hineinlesen, da die Bücher ja dann auch weiter müssen.
Eindruck aus einem schweizerischen Etablissement („vor dem Jüngsten Gericht noch vertretbar“..)

Weiters nahmen wir diese Woche an einem Workshop teil, der sich einer modernen Arbeitssprache in Email-Kommunikation, Aussendungen und Richtlinien widmete. Wie ist das mit dem Du und dem Sie, dem „könnten Sie bitte?“ und dem „ersuchen wir Sie daher höflich?“. Ein heikles Thema, denn schließlich ist man eine Universität und kein IKEA, der angeblich als Meisterbeispiel für Markensprache gilt (Wohnst du noch, oder lebst du schon?). Ich habe hier vor Zeiten einmal etwas sehr Lustiges zu dem Thema geschrieben.

Den Rest der Woche habe ich unseren Grafiker gezwungen grauenerregende, schlimme, und verbotene Dinge in seinem Designprogramm für mich zu machen.

Also ich kenne mich ja nicht so aus, aber sittenwidrig war das bestimmt..Es tut mir leid, D., ich entschädige dich mit ausreichend Schokolade, und verspreche mich künftig zu bessern. Ich plane nämlich eine Literaturrundschau, die, nun ja, vielleicht nicht ganz in die hier gängigen Corporate Design Schemata passen dürfte..aber wer wird sich von ein paar Normen groß einschränken lassen,

ICH BIN KÜNSTLERIN VERDAMMT NOCH MAL!!! und überhaupt, SO KANN ICH NICHT ARBEITEN 🙂

und davon ein andermal mehr.

 

 

Verfremdet

Wenn du aus dem Urlaub zurückkommst und erst mal die Welt nicht mehr verstehst, alles fühlt sich fremd und verändert an, als würde man eine andere Sprache sprechen. Ein Mysterium.
Aber es gibt sich nach ein paar Tagen.

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Vermischte Schriften

In den letzten Wochen bekommen wir sehr viel interessante Neuerwerbungen aus den Bereichen Philosophie, Sozialwissenschaften und Politik. Das liegt einerseits daran, dass unsere Institute um diese Jahreszeit sehr viel Literatur bestellen, andererseits aber auch an gewissen Trends im Buchhandel.

 

Natürlich können wir nicht in jedes Buch hineinlesen, aber einen genaueren Blick müssen wir Fachreferentinnen ja ohnehin ins Werk werfen, und dabei lernen wir so manches.

Neue Erkenntnisse dazu in dieser Woche: Dressing up the bride ist ein Ausdruck für gewisse „Schönungen“ in der Bilanz, die meistens vor einer Unternehmensfusion gemacht werden. Behemoth, eine biblische Gestalt die wir auch nicht so genau kannten, quasi der böse Zwilling von Leviathan (letzterer Juristinnen schon eher ein Begriff). Über dem Studieren von Büchern kann man als Bibliothekar schon einmal philosophisch werden, genau so wie auch unser neues Katalogsystem viele Fragen aufwirft: (Warum wird alles schwarz wenn man hier klickt? Wo ist Subfeld $ hin? Und was ist der Sinn des Lebens?). Ähnlich schwierigen Themen widmet sich ein Buch zum Medizinrecht, in dem es letztlich um den Unterschied zwischen Tier und Mensch geht. Eine Festgabe für Rosemarie Will ehrt eine der ersten Hochschulprofessorinnen, die nach dem Ende der DDR berufen wurden. Und schließlich ein Buch zur Rechtsästhetik, das uns staunen ließ, weil es über und über mit Glitzer verkleidet ist.

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Wir, wenn die Institute von allen Seiten an uns rütteln und zahlreiche Sonderwünsche haben. Es ist wieder Laokoon Zeit des Jahres.

Was bisher geschah..Neuanfänge

Ich bin wieder da! Der beste Ehemann von allen hat meinen Blog wieder schön gemacht, ihn von einer Plattform auf eine neue migriert, und alles wieder geordnet und repariert, was mich bei meinem alten Blog störte. Es ist nicht ganz so körperlich anstrengend wie ein Wohnungsumzug, aber mindestens ebenso viel Aufwand und daher die größte Liebeserklärung die man einem Menschen machen kann. Es gibt jetzt auch Kategorien wie „Selbstgezeichnetes“, „Der Nutzer als Problem“, „Das Bibliotheksgericht“, oder „Bibliotheksalltagsgeschichten“, um dem seit 2014 tüchtig gewachsenen Blog eine bessere Struktur zu geben.

Aus diesem Grund habe ich hier, quasi als Start in ein neues Zeitalter wieder eine Sammlung der schönsten Widmungen erstellt. Als Bibliothekarin liest man ja als erstes die Widmung und das Vorwort, heimlich hofft man dort auf Banales, Anstößiges oder Privates zwischen den ansonsten seriösen wissenschaftlichen Einbanddecken zu stoßen, und wird häufig belohnt. Besonders gut gefällt mir das kryptische „41 b gewidmet“, oder poetisch „To each other“. Immer noch häufig wird der Lebenspartnerin in der Widmung eine mehr „ertragende“ und „leidende“ Rolle zugeschrieben, die sich auf moralische und kulinarische Unterstützung im Hintergrund zu konzentrieren scheint.

In letzter Zeit kommen aber immer wieder auch Arbeiten, in denen eine Frau auf solche Weise ihrem Partner dankt, was Anlass zur Hoffnung gibt.

In der Zwischenzeit hat sich eine liebe Kollegin in die Karenz verabschiedet, eine andere liebe Kollegin ist hinzugekommen, und auch sonst haben uns unsere Departments und Bücher zu originellen und aufregenden Themen in Atem gehalten (ein Auszug unten). Weiters habe ich geheiratet, eine Literaturrundschau konzipiert und ein Psychologieskriptum mit Illustrationen versehen.

Davon, was wir in der Bibliothek erleben werde ich ab nun wieder regelmäßig hier berichten.

 

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DSGVO

So sahen Newsletter und Datenschutz-Disclaimer übrigens früher aus, sympathische analoge Zeiten:
Sie werden sicher verstehen, dass der Verleger den Weg seiner Bücher mit
Hoffnung und Sorge verfolgt und gerne erfahren möchte, wie sie zu ihren
Lesern fanden und von ihm aufgenommen wurden. Darum bitte ich Sie, die
Fragen dieser Karte zu beantworten. Ich will Sie dafür gerne regelmäßig
über die Veröffentlichung meines Verlages unterrichten”..

 

“Die Bücher meines Verlages können durch jede gute Buchhandlung bezogen werden…Zum Kauf des Buches veranlasste mich (Rundfunk/Katalog/Tageszeitung/persönliche Empfehlung)..”

oder auch “Die Cotta’sche Bibliothek der Weltliteratur”:

“Eine klassischen Büchersammlung von nie veraltendem, unvergänglichen Werte..”

Erinnerungslandschaften

#Gedächtnisbibliothek

Gemäß der Formulierung eines unserer Kollegen, dass Handbibliotheken “ERINNERUNGSLANDSCHAFTEN” seien, habe ich hier ein paar Worte zur Gedächtnisbibliothek Prof. Rill geschrieben, die wir vor kurzem zur Bearbeitung übernommen haben.

Hand- oder Nachlassbibliotheken sind Erinnerungslandschaften, weil sie Einblick darin geben, mit welchen Themenkomplexen sich Forscher/innen zu einer Zeit ihres Schaffens beschäftigt haben. Eine solche Bibliothek zu erschließen ist immer etwas ganz Besonderes, und häufig findet man in solchen Beständen auch Bücher, die für sich alleine genommen überhaupt keinen Sinne ergeben, und erst in Kombination mit ein, zwei anderen Werken zu einem stimmigen Akkord zusammenwachsen.

Nicht selten findet man daher auch in Bücher eingelegte Zeitungsartikel, Rezensionen oder Rechtsmeinungen von Berufskollegen, über die der Nachlasser sich gefreut oder geärgert hat, und die eine besondere zusätzliche Fußnote zu einem juristischen Diskurs abliefern; (siehe oben “Ein Armutszeugnis – Studie über die Wirtschaftsuniversität”) – eine Praxis des Einlegens von Zeitungsausschnitten, die leider zunehmend im Aussterben begriffen ist.

Die meisten Nachlassbibliotheken bestehen aus einem sogenannten “Filetstück” (man verzeihe mir diese etwas flapsige Wort-Entlehnung von einem Prof. der hiesigen Anstalt): Dies sind oft ältere, teilweise auch wirklich wertvolle Bücher, die dem zentralen Sammlungsschwerpunkt des Forschers entspringen und das eigentlich Interessante am Bestand darstellen. Das Filetstück wird in jedem Fall aufgehoben und erschloßen, sofern die Bibliothek es zu Gesicht bekommt.
Umkränzt wird dieses “Filetstück” meistens von einem gewissen, nennen wir es einmal höflich: Sammelsurium: verschiedenste Auflagen von Lehrbüchern und Kommentaren, an denen der Nachlasser herausgebend mitgewirkt hat. Hinzu kommen Buchgeschenke von Kollegen, die von der juristischen Entwicklung, dem Auf und ab des Verlagsmarktes bereits vielfach wieder abgelöst und eingeholt worden sind, die aber durch eine Vielzahl von lieben persönlichen Widmungen eine eigene Geschichte erzählen, an Symposien,  Veranstaltungen erinnern und Zeugnis langjähriger akademischer Wechselbeziehungen geben.
Abschließend findet man dann häufig noch das eine oder andere Kuriosum, belletristische Werke oder Klassiker des Juristenhumors (siehe oben: “Das Klopapier im österreichischen Recht”).

Die Aufgabe der Bibliothek besteht, so sie denn die Möglichkeit dazu erhält und nicht überhaupt nur das “Sammelsurium” übernimmt, in der Erschließung und Sortierung des Bestandes. Dabei gilt es das Wesentliche vom Unwesentlichen mit einem gewissen Augenmaß zu scheiden, ohne dabei den Bestand allzu sehr auseinander zu reißen oder in bibliothekarischer Rührseligkeit zu versumpfen.
Aufschluss dabei geben nicht zuletzt auch die Kollegen des spendenden Instituts, die den Bestand für eine Bearbeitung durch die Bibliothek vorsichten und aus der Sicht ihrer Institutsgeschichte heraus überblicken.